So, Jahreswechsel rum und alles ist beim Alten. Gut, das ist jetzt keine große Überraschung, aber es gehört trotzdem mal erwähnt.
Ich hatte ja ein ganz kleines Fünkchen Hoffnung, dass sich was ändert. Vielleicht ein wenig mehr Toleranz. Oder ein Quäntchen mehr Nachdenken. Oder eine Prise mehr Kritik gegenüber den Medien. Aber war wohl nichts. Alles beim Alten.
Kaum sind die ganzen Neujahrsglückwunschs- und AltesJahresrückblicksposts und - sendungen und -artikel vorbei, schon geht's wieder mit den alten Leiern los. Z. B. mit der "Flüchtlinge sind Sozialschmarotzer und kommen nur, weil sie hier so wahnsinnig viel Geld bekommen" - Leier. Oder mit der "Wir sind hier alle arme Schweine und nagen am Existenzminimum und die bekommen alles in den Arsch geschoben"-Leier. Oder mit der "Wir werden alle dem islamistischen Terror zum Opfer fallen, wenn wir hier weiterhin Muslime ins Land lassen"-Leier.
Ich bin ja eigentlich ein zutiefst unpolitischer Mensch. Sei es aus Ignoranz, aus Desinteresse, aus Unwissenheit oder aus Faulheit. Völlig egal. Tatsächlich interessiert mich Politik relativ wenig. Das ist zugegebenermaßen nicht unbedingt gesellschaftsformend. Auch nicht dazu angetan, etwas zu verändern. Wenn ich ehrlich bin, möchte ich auch gar nicht allzu viel verändern. Mein eigenes kleines Universum finde ich ganz ok, mit der grundsätzlichen Gesetzeslage in Deutschland kann ich mich ganz gut abfinden und die Sachen, die ich gerne ändern würde, werden sich nicht ändern, egal, wie sehr ich mich politisch engagiere (ich persönlich finde ja z. B ., dass unsere ganzen großen Politiker einfach viel zu viel verdienen). Ich glaube auch nicht, dass sich an der Staatspolitik etwas ändern wird, egal, welche Partei wirklich "an der Macht" ist. Dazu sind sich unsere großen Parteien viel zu ähnlich. Ich bin also raus aus der großen Politik-Nummer.
Was nicht heißt, dass ich in meinem eigenen kleinen Dunstkreis keine eigene Meinung oder Haltung habe. Damit ecke ich gerne mal an - aber das ist mir relativ egal.
So, und für alle, die es interessiert (oder auch nicht), hier kommt meine eigene kleine und persönliche Meinung zu diesen wunderbaren Leiern. Einmal geballt, vielleicht muss ich mich dann den Rest des Jahres nicht mehr dazu äußern.
Ja, es mag sein, dass bei den vielen, vielen Flüchtlingen auch Sozialschmarotzer, Kriminelle und schlechte Menschen dabei sind. Ich wohne in einer 3000-Seelen-Gemeinde und selbst da gibt es Sozialschmarotzer, Kriminelle und schlechte Menschen. Das liegt in der Natur der Menschen. Die Wahrscheinlichkeit ist also relativ hoch, auch unter mehreren hunderttausend Menschen solche dabei zu haben. Aber nur weil mein Nachbar/ein Bekannter oder wer auch immer ein Depp ist heißt das ja nicht, dass ich das auch bin. Nur, weil es kriminelle Deutsche gibt bin ich ja auch nicht kriminell - obwohl ich auch Deutsche bin. Ich halte nichts von Sippenhaft. Und ich würde mich nicht für deutsche Sozialleistungen auf eine ungewisse Reise, die für viele tödlich endet, machen. Ich finde es toll, dass wir Sozialleistungen haben - aber so hoch sind sie dann auch nicht.
Ja, ich glaube auch, dass sich durch die Aufnahme vieler Menschen aus einer anderen Kultur etwas in Deutschland verändern wird. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass es nicht immer leicht sein wird, mit den Veränderungen Schritt zu halten. Ich glaube allerdings nicht, dass das furchtbar ist. Im Gegenteil. Ich persönlich finde Stillstand weitaus schlimmer als Veränderung. Gegenseitiges voneinander Lernen wäre vielleicht ein guter Weg...
Ich fürchte auch, dass die Stammtischparolen der "ich bin ja kein Nazi ABER"-Fraktion irgendwann harte Realität werden. Wenn ich mir vorstelle, dass hier junge Menschen ankommen, die in Deutschland die Möglichkeit bekommen, ihr Potential zu nutzen, die Ehrgeiz entwickeln und gute Leistungen in der Schule zeigen und diese engagierten jungen Menschen dann auf dem Arbeitsmarkt in Konkurrenz zu einigen unser deutschlandeigenen Null-Bock-Schule-ist-Scheiße-Jugendlichen treten - dann kann es gut sein, dass ein Mensch mit Migrationshintergrund einem Deutschen die Arbeit wegnimmt. Vielleicht auch die Freundin.... Ob man dann allerdings den Flüchtlingen oder der deutschen Flüchtlingspolitik die Schuld dafür geben kann, dass man selbst arbeitslos und ohne Freundin da steht - ich weiß ja nicht....
Ja, wahrscheinlich gibt es auch in Deutschland Terroristen. Vielleicht auch islamistische. Ich wage zu bezweifeln, dass die mit Flüchtlingstrecks ankommen und sich den Entbehrungen einer Erstaufnahmestelle aussetzen. Ich glaube, die kommen über "legale" Wege oder werden hier geboren. Meine persönliche Meinung ist ja, dass das Risiko größer ist, dass jemand zum "Terroristen" wird, wenn er hier mit Missachtung, Ausgrenzung und Beleidigung zu kämpfen hat, als wenn er eine faire Chance bekommt. Und zwar gänzlich ungeachtet seiner Staatsangehörigkeit. Es ist doch viel einfacher, jemanden dazu zu bekommen, das zu tun, was man will, wenn man ihn aus dem Kreis der ungeliebten, ausgegrenzten und gemiedenen Menschen in eine "Gemeinschaft" holt und ihm Macht gibt. Im Falle von Terrororganisationen sogar die Macht über Leben und Tod. Wer
"Das Experiment" kennt, weiß, was Macht aus Menschen macht. Statt ausländische Mitbürger ängstlich und kritisch zu beäugen und unter Generalverdacht zu stellen sollten wir ihnen eine faire Chance geben. Natürlich muss man nicht jeden mögen - aber man sollte es nicht von der Herkunft abhängig machen, wenn man mag und wen nicht. Und: selbst wenn derjenige ein Terrorist ist (und die Chance ist ja tatsächlich sehr, sehr gering) wird er eher Skrupel haben, uns zu töten, wenn er uns mag.....
Ja, es mag ungerecht anmuten, dass Menschen, die noch nichts in unser Sozialsystem eingezahlt haben, Geld daraus enthalten. Darüber beschweren sich aber bitte nur die Menschen, die tatsächlich mehr eingezahlt als abgeschöpft haben. Und die, die noch nie Sozialleistungen in Anspruch genommen haben, die ihnen streng genommen nicht zugestanden hätten. Und die, die noch nie das Recht gebeugt haben um einen eigenen Vorteil zu haben. Das schränkt den Kreis der Maulenden immens ein....
Und wer trotzdem über Steuerverschwendung schimpfen will, könnte ja auch mal im S
chwarzbuch des Bundes der Steuerzahler nachschauen - da findet sich schon was, über das man mit Recht schimpfen kann....
So, viele Worte, die einfach schon mal zu Beginn des Jahres rausmussten. Vielleicht bleibt ihr dann den Rest des Jahres davon verschont.
Ich wünsche Euch allen ein wunderbares Jahr 2016. Voller Entwicklung und Veränderung und Lernen und Spaß und Überraschung und Leben.