Donnerstag, 30. Januar 2014

ganz neue Möglichkeiten

Gestern waren wir im Klinikum Bogenhausen um mal von einem Fachmann zu hören, wie der das mit dem Wiederaufbau denn sieht.
Das Ganze war eigentlich ganz lustig. Vor allem, weil wir in einen Raum gesetzt wurden (ich will da nicht arbeiten: Untergeschoss, kein natürliches Licht - aber muss ich ja zum Glück auch nicht) und dann ungefähr 6x ein Assistenzarzt rein kam um sich kurz an den PC zu setzen, krampfhaft in den Bildschirm zu schauen und zu sagen "Oberarzt kommt gleich". Er hat mich auch 3x gefragt, ob ich zum ersten Mal da bin und ob schon operiert ist - ich bin nicht sicher, dass er es nach dem 3. Mal verstanden hatte...
Die Beratung durch den Oberarzt Dr. Dornseifer war aber echt top und er hat sich richtig lange Zeit genommen.
Er hat die gleiche Vorgehensweise wie der plastische Chirurg in Augsburg vorgeschlagen. Allerdings hat er dem Arzt aus der Strahlenklinik klar widersprochen: Es gibt keine medizinische Notwendigkeit, die OP in einem bestimmten Zeitfenster zu machen. Ich kann den Wiederaufbau IMMER machen lassen, egal wann. Er würde lediglich empfehlen, dass man bei der Entfernung der zweiten Brust die Haut erhält, weil man sonst ja schauen muss, wo man die Haut für zwei Brüste herbekommt - da wird es dann mit dem Material am Bauch schon fast knapp.
Nett ist, dass er das Ganze schildert, als wäre es ein Spaziergang. Nein, Schmerzen halten sich im Rahmen, die sind nicht so schlimm, das ist auch keine komplizierte OP, das ist reines Handwerk und nach einer Woche steht man wieder. Alles kein Problem. Bei der ersten OP würde er nur die grundlegenden Voraussetzungen schaffen und dann durch Lipo-Filling (also Fett an den Reiterhosen absaugen und oben einspritzen) dann in 1 - 3 Nach-OPs (sind dann ja nur gaaaanz kleine OPs) noch die perfekte Form geben. Das wäre also das Total-Lifting-Programm. Brüste neu, Bauch gestrafft und Oberschenkel abgesaugt...

Interessanterweise wurde nie in Frage gestellt, dass ich diese OP überhaupt machen will. Nur das WANN schien fraglich.
Er hat mich dann auch gleich zum Fotografieren geschickt. Als ich dort gut gelaunt ankam und grinste wurde ich von der Fotografin gefragt: "Finden Sie das lustig?"... Hm, nein? Wobei - eigentlich fand ich es schon lustig, dass man aus dem Fenster direkt ins Fenster des gegenüberliegenden Hochhausese schauen konnte... Für Oben-Ohne-Aufnahmen ein traumhaftes Setting  :-)

Oh, in punkto Oben Ohne: Als der Herr Dr. Dornseifer sich die Verhältnisse vor Ort (wieviel Bauchmaterial gibt es, welche Körbchengröße lässt sich draus basteln) anschauen wollte und ich meine Pulli auszog - landete die Perücke gleich mit auf dem Stuhl... Er hatte auch ne (rasierte) Glatze. Ich also: "Jetzt haben wir die selbe Frisur." Er: "Ich hab ein paar mehr" ich: "Aber meine kommen wieder" Er: "Dann haben Sie bald wieder Vorsprung."... Nur dem Assistenzarzt war es sichtlich peinlich.

Ich weiß jetzt also, was medizinisch möglich ist. Ich weiß, dass ich aus jeder Situation und zu jeder Zeit alle Möglichkeiten habe. Ich weiß, dass es dem Operateur am Liebsten wäre, wenn auf der rechten Seite noch Haut da wäre.
Was ich nicht weiß ist, ob ich das überhaupt will. Will ich tatsächlich diese OP? Will ich tatsächlich "neue" Brüste? Ich, die noch nie wert auf ihr Äußeres gelegt hat? Macht das aus mir einen anderen Menschen? Oder macht es nur das Ganze für andere einfacher? Was wäre wenn ich einfach die zweite Seite angleichen lasse (vielleicht nicht unbedingt mit Narbe quer drüber - aber darüber kann man ja sicher reden) und falls ich doch mal das Bedürfnis nach Dekolltee haben sollte greife ich auf Prothesen zurück?
Habe ich schon mal erwähnt, dass ich beim Entscheiden solcher Dinge echt grottig schlecht bin? Aber irgendwann werde ich es entscheiden müssen. Wie auch immer.


Was ich Euch noch erzählen wollte (zum Thema "ganz neue Möglichkeiten"):
Ich habe jetzt auch ganz neue Möglichkeiten von Mini-Wellness: Ich kann jetzt meine Kopfhaut peelen und danach einölen. So gut ist es meiner Kopfhaut noch NIE gegangen :-)

Freitag, 24. Januar 2014

4/6 oder gekürzt 2/3 durch

Ja, ich beherrsche noch die grundlegende Mathematik. Ich kann noch Brüche kürzen :-)
Es sind nur noch 2 Chemos, dann ist das durch.
Mir geht's den Umständen entsprechend gut. Ich bin diesmal nicht ganz so müde wie die letzten Male nur das flaue Gefühl im Bauch nervt. Aber auch das vergeht wieder. Immerhin kann ich alles essen und trinken. Alles schmeckt so, wie's schmeckt. Das ist doch für so einen Gerne-Esser wie mich schon mal sehr wichtig.
Morgen belohne ich mich für das Überstehen mit einem Besuch in der Buttinette. Ich hab meiner Mama zu Weihnachten einen Gutschein für ein selbstgenähtes Dirndl geschenkt - und dafür brauchen wir jetzt noch ein paar Borten und Bänder und Tüddelkram. Das wird dann morgen (hoffentlich) ausgesucht. Falls sich meine Frau Mutter zu einer Entscheidung durchringen kann :-)
Sonst steht jetzt erst mal nichts Großes an. Doch, nächste Woche habe ich Termin in Bogenhausen zu einem Infogespräch über eine mögliche Wiederaufbau-OP. Ich tendiere ja immer mehr dazu, keine zu machen, aber um das wirklich entscheiden zu können, brauche ich Informationen vom Fachmann. Also hören wir uns das Ganze halt mal an.
Schaden kann es ja nicht. Unentschieden bin ich ja jetzt schon.

Dienstag, 21. Januar 2014

brauch mal Eure Hilfe

Heute brauche ich mal Eure Hilfe und Eure Ideen.
Ich hab ja nur noch 3 Chemos. Und ich habe beschlossen, dass ich mich jetzt nach jeder ein bisschen belohnen werde - momentan habe ich nämlich überhaupt keine Lust mehr auf den Mist und damit ich mir nicht selber durch grobe Unlust und miese Einstellung die Nebenwirkungen ans Knie binde, brauche ich einen positiven Ausgleich.
Das Ganze sollte nicht zu viel kosten (ein Wellnesswochenende nach jeder Chemo wäre toll, ist aber leider nicht finanzierbar). 
Dummerweise fällt mir nichts, aber auch gar nichts ein.
Habt Ihr Ideen? Dann bitte, bitte, bitte, hinterlasst mir einen Kommentar und macht mir einen Vorschlag. Ich wäre zutiefst zu Dank verpflichtet!

Mittwoch, 15. Januar 2014

Vorbesprechung in der Strahlenklinik - oder: ZK umsonst die 3.

Mein Onkologe hat mir ja vor Beginn der Chemotherapie schon gesagt, dass man sich nach dem 3. Zyklus in der Strahlenklinik vorstellt, um die Bestrahlungen vorzubesprechen und um zu klären, wie das dann läuft. 3. Zyklus ist durch, also hat er mir einen Termin in der Strahlenklinik gemacht. Er war ja selbst ziemlich unentschieden, ob er ZK oder eine freie Praxis präferieren würde und hat letztlich fürs ZK gestimmt.
Anscheinend ist dieses Vorgehen aber fürs ZK doch nicht normal. Der Arzt war so verunsichert, dass er vorsichtshalber in Rehling angerufen hat, ob er jetzt die Bestrahlungen zwischenschieben soll (ich hab ihm zwar dreimal erklärt, dass das nicht der Fall ist - aber besser nochmal beim Kollegen nachgefragt...). Netterweise hat er mir dann auch noch ganz genau erklärt, was "bestrahlungsinduzierte Pneumonie" heißt. Mir hat sich das Wort sowieso erschlossen, aber immerhin mal ein Arzt, der seine Patienten nicht mit dem Medizinerdeutsch alleine lässt.
Als es um die Frage Bestrahlung und Wiederaufbau ging hat er noch einen Kollegen dazugeholt.
Fazit:
Es werden 28 Bestrahlungen gemacht. Es besteht die Gefahr, dass die Lunge dabei erwischt wird (klar, ist ja nicht mehr viel drüber). Es kann sein, dass das Bindegewebe durch die Bestrahlungen vernarbt - wie sich das auf das "kosmetische Ergebnis" eines Wiederaufbaus auswirkt bzw. auf das Aussehen meiner Brust kann mir vorher keiner sagen. Es kann im Bereich der Bestrahlungen zu Wundheilungsstörungen kommen (was für einen Wiederaufbau natürlich auch nicht wirklich optimal ist) und laut Aussage des dazugerufenen Arztes sollte der Wiederaufbau 6 Monate bis spätestens 1 Jahr nach der Bestrahlung erfolgen - keinesfalls erst 3 oder 5 Jahre danach...

Ich werde mir jetzt einfach einen Termin beim plastischen Chirurgen machen und mich von dem beraten lassen und hören, was der zum Thema bestrahltes Gewebe und Wiederaufbau meint.

Samstag, 11. Januar 2014

"Bitte zusteigen! Vorsicht bei der Abfahrt" - das Gedankenkarusell dreht und dreht und dreht sich

Ich komme mir ein bisschen vor, wie auf dem Rummel. Ich mache mir momentan Gedanken um die Themen Anschlußheilbehandlung und Wiederaufbau. Und es ist echt wie Karusellfahren. Mein Hirn steigt ein, kreist immer wieder um die selben Dinge, bedenkt die Vor- und Nachteile, versucht, über den Tellerrand die Konsequenzen abzusehen, kann sie nur erahnen und steigt letztlich am selben Punkt aus, wie es eingestiegen ist. Habe ich schon mal erwähnt, dass ich Karusellfahren nicht mag?
Jetzt werden sich viele fragen "Was muss man bei Anschlussheilbehandlung überlegen? Urlaub auf Krankenkassenkosten ist doch ok - würde ich sofort machen." Ja, von wegen. Da gibt es ganz schön viel zu bedenken. 3 Wochen AHB bedeuten nämlich schon mal 3 Wochen ohne meine Kinder. Will ich das? Gut, ich könnte meine Kinder (oder einen Teil davon) mitnehmen - aber will ich das? Will ich, dass das Thema "Krebs", das bis jetzt für sie weder bedrohlich noch im Mittelpunkt ist, für sie durch diese 3 Wochen vielleicht erst zum Thema wird? Will ich haben, dass sie 3 Wochen lang permanent mit Menschen konfrontiert sind, die auch "krank" sind - von denen es vielleicht einigen nicht so gut geht wie mir? Will ich meine Kinder 3 Wochen aus ihrem Alltag reißen um dort dann ständig mit ihnen zusammenzuhängen. Einerseits würde uns die Nähe sicher nicht schaden, auf der anderen Seite heißt es auch um 20 Uhr im Zimmer zu sein, weil die Kinder ja irgendwann ins Bett müssen.
Also doch eher 3 Wochen ohne Kinder. Aber halte ich das aus? Und was ist, wenn ich die Kinder gar nicht so sehr vermisse, wie es sich für eine gute Mutter gehört? Muss ich dann damit klar kommen, dass ich keine "gute Mutter" bin? Und was, wenn hier alles ohne mich wunderbar funktioniert und mich die Kinder gar nicht wirklich vermissen? Verkraftet mein angeschlagenes Ego das?
Die Meinung meines Onkologen zum Thema "AHB" war eindeutig: "Ich würde nicht gehen. Für AHB gibt es zwei Gründe: 1. Geld in strukturschwache Gebiete bringen, 2. eine Möglichkeit für die Krankenkasse schaffen, ihre Arbeitsfährigkeit beurteilt zu bekommen.". Er meinte nur in Hinblick auf die 3 Kinder: "Überlegen Sie sich, ob sie einfach mal 3 Wochen brauchen, in denen Sie für niemanden zuständig sind..." Meine Anfrage auf AHB quittierte er mit den Worten: "Da machen sie besser Familienurlaub".
Tja, die Vorstellung von 3 Wochen in denen man für nichts und niemanden zuständig ist hat schon was - aber ich habe ja im letzten halben Jahr schmerzhaft gelernt, dass die VORSTELLUNG von vielen Dingen (Auszeit, mehr Freizeit, Tage im Bett, ...) eigentlich ganz nett ist - die UMSETZUNG allerdings selten dem entspricht, was man sich vorgestellt hat...
Erste Runde Gedankenkarusell beendet.
Zweite Runde: Wiederaufbau
Soll ich ihn überhaupt machen? Wenn ja, wie? Wo? Was heißt das? Ewige Schmerzen? Riesige Narben? Lohnt sich der Aufwand? Wie ist das danach im Krankenhaus? Will ich das überhaupt? Oder lasse ich einfach nur die zweite Seite auch entfernen? Was wenn ich dann in 5/10/15 Jahren feststelle, dass ich doch todunglücklich damit bin - ist ein Aufbau dann immer noch möglich oder muss ich jetzt die "richtige" endgültige Entscheidung fällen?
Hier werde ich wohl einen Beratungstermin bei irgendeinem plastischen Chirurgen machen und mir die Fragen beantworten lassen. Vielleicht kann mir der ja auch Fotos zeigen, wie das nach OP/nach ein paar Jahren aussieht... Mal sehen, ob das meine Entscheidungsfähigkeit beeinflusst...

Ansonsten hab ich jetzt doch Nebenwirkungen :-) 
Ich hab mir - was nicht unüblich ist - auf der kaputten Mundschleimhaut einen Soor geholt und spül jetzt mit irgendeinem komischen Mittel, das (wahrscheinlich) nach Orangen schmeckt (immerhin sind's keine Bananen...). 
An meine Hitzewallungen gewöhne ich mich langsam. Da das Klinikum die Stanze nochmal beprobt hat und festgestellt hat, dass dieses Gewebe tatsächlich minimal östrogenreaktiv war werde ich wohl doch Tamoxifen bekommen - da kann ich mich an Wechseljahrsbeschwerden schon mal gewöhnen, die werden mich ein paar Jahre begleiten. Bei Entfernung der Eierstöcke sowieso :-)

Ihr seht also: Mir geht es prinzipiell gut, mein Hirn spielt Jahrmarkt und irgendwie wird es sich alles in die eine oder andere Richtung klären.
Wahrscheinlich von selbst. Wahrscheinlich werde ich eine AHB beantragen, die Zusage kriegen und sie dann ablehnen, weil sie genau in die Zeit unseres Familienurlaubs fällt :-)  Dann hätte ich mir die ganzen Gedankenkreisereien sparen können... Aber so ist es ja meistens im Leben: Man sollte sich nicht so viele Gedanken um ungelegte Eier machen....

Sonntag, 5. Januar 2014

Dinge, die die Welt nicht braucht

Kennt ihr das: Wenn man erkennbar schwanger ist, erzählen einem plötzlich alle Menschen von ihren 28- Stunden-Wehen-Horror-Geburtserlebnissen. Alle. Egal, ob man das hören will, oder nicht - wenn wir ehrlich sind, will das nämlich eigentlich NIEMAND hören. Trotzdem kommt so gut wie keiner und sagt: "Mach Dir keine Sorgen, ich hab das auch schon hinter mir, das ist kein Problem, das schaffst Du. Ja, das tut weh, aber aushaltbar und danach ist nicht sofort alles vergessen - aber Hormone sind eine tolle Erfindung, die machen das dann schon."
So was würde man gerne hören. Statt dessen bekommt man die Geschichten von der Steißlagen-Zangen-Geburt, die doch noch im Notkaiserschnitt endete...
Gerne genommen auch bei Erstgebährenden - danke, beruhigt ungemein.
Alternativ wird einem gesagt, was man wie machen muss, was man keinesfalls tun/essen/trinken/denken darf usw. Besonders gute Ratschläge kriegt man übrigens von Menschen OHNE Kinder...

Ähnlich ist es, wenn man die Diagnose Krebs bekannt macht.
Entweder wird einem vom verstorbenen Onkel/Opa/Tante/Nachbarn erzählt, der bereits X Monate nach der Diagnosestellung tot war oder man bekommt gesagt, was man unbedingt tun muss oder vorher hätte tun müssen.
Ganz besonders gerne werden dann Filme oder Artikel aufgefahren mit so schönen Überschriften wie "die verschwiegenen Wahrheiten über Krebs" oder "Der Krebs-Report" oder "Krebs - das wird verheimlicht". Die Qunitessenz dieser "wissenschaftlichen" Dossiers ist meist die selbe.
a) Die Pharmaindustrie betrügt uns alle. Sie enthalten uns die wirkungsvollen aber günstigen Präparate vor, weil sie nicht daran verdienen können und geben uns teure wirkungslose Sachen, die uns krank halten
b) Die Übersäuerung des Körpers, die von unsachgemäßer Ernährung herrührt ist Schuld an Krankheiten wie Krebs, Aids, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Asthma und Verstopfung (und ich bin sicher, dass das nicht alle sind)
c) Man kann Krebs durch Ernährung besiegen - oder indem man Mittel nimmt, die die Übersäuerung des Körpers ausgleichen. Gutmenschen verkaufen uns derartige Mittel für lächerliche Summen...
d) Man hat seine Erkrankung selbst herbeigeführt.
...

zu a) Ich bin prinzipiell kein Anhänger von Verschwörungstheorien. Ich halte nichts davon, immer davon auszugehen, dass mich Gott und die Welt betrügt. Wenn sie es gut machen, ist es mir egal...
Ich glaube auch nicht daran, dass in der Pharmaindustrie irgendwer aus purer Menschenliebe irgendetwas entwickelt. Die sind dort, um Geld zu verdienen. Und sicherlich ist mit einer Krankheit wie Krebs, die X Millionen Mal auftritt mehr verdient als mit der Mondscheinkrankheit, die nur einige 100x auftritt. Das ist ethisch verwerflich und bedenklich - wirtschaftlich nachvollziehbar. Trotz allem bin ich überzeugt, dass auch die Pharmaindustrie wirkungsvolle Mittel bereit hält. Wie sagte ein Freund von mir letztens: "Ich bin ein großer Anhänger von Homöopathie und Naturheilkunde - aber einen reanimationspflichtigen Patienten heilt man nicht mit Handauflegen und Kügelchen." - so ist das eben im Leben.
Und ich habe in den letzten 10 Jahren die Pharmaindustrie nur wenig unterstützt. Ab und an mal Schmerztabletten, 2 oder 3x Antibiotika, ansonsten noch Narkosemittel, weil ich den Kaiserschnitt ohne ziemlich doof gefunden hätte - mehr haben die an mir nicht verdient. Weil ich ein relativ gesunder Mensch war. Da haben manche Menschen für die in Punkt c) angesprochenen Mittelchen (deren Wirksamkeit medizinisch nicht erwiesen ist - auch nicht nicht-erwiesen, schlicht nicht erforscht...) deutlich mehr ausgegeben.

zu b) Ich glaube nicht an monokausale Zusammenhänge. Die gibt es nur sehr selten im Leben. Alles hängt von so vielen verschiedenen Faktoren ab, dass ich es extrem unglaubwürdig finde, zu sagen "weil A, darum B". Was das Ganze für mich noch unglaubwürdiger macht ist die Tatsache, dass A nicht nur B, sondern auch noch C - H auslösen soll...
Hierzu empfehle ich jedem dieses Video. Echt sehenswert. Vor allem die letzten 2,5 Minuten.

zu c) Ich glaube, dass Ernährung sich auf unsere Gesundheit auswirkt. Dass Zucker, Weißmehl, Kaffee, Fett usw. in zu hohem Maße ungesund sind, weiß jeder von uns. Das ist nichts Neues oder Bahnbrechendes. Es heißt aber nicht, dass der Genuß von Zucker oder Weißmehl krebsauslösend ist. Hier ist es wie in ganz vielen Bereichen: Man findet für beide Seiten Studien. Es gibt die einen, die sagen: Ganz darauf verzichten hilft. Es gibt die anderen, die sagen: Krebs kann man nicht aushungern. Wenn er keine Energie mehr zugeführt bekommt, holt er sich die nötige Energie aus dem Körper des Wirtes. Krebs kann man nicht aushungern.
Jetzt muss jeder für sich entscheiden, welchen Weg er gehen will und welcher sich für einen selbst richtig anfühlt.
Ich halte es eher damit, in Maßen und mit Genuss zu essen, als mir alles zu verbieten - ohne Garantie, dass das irgendwie helfen würde.
Mein Onkologe hat mir von Anfang an gesagt: Es gibt keine Krebsdiät. Wenn sie das Gefühl haben, etwas essen/tun zu müssen, dann essen/tun Sie das - aber lassen Sie sich nicht einreden, dass es etwas ändern würde, wenn Sie etwas anderes gegessen/getan hätten. Und wenn man Ihnen etwas für viel Geld verkaufen will, dann passen Sie auf und hinterfragen Sie gut.
Was mich immer interessieren würde: Was machen Menschen, die wirklich daran glauben, dass das alles nur an der Übersäuerung liegt, wenn sie selbst eine Krebsdiagnose bekommen? Wankt dann das Weltbild oder stellen sie sich konsequenterweise gegen die Schulmedizin und lassen keine Chemotherapie zu?

zu d) Man hat im Leben vieles selbst zu verantworten. Das wenigste davon ist an einem bestimmten Punkt schief gelaufen oder ausgeartet. Man kann so gut wie nie sagen: "Hätte ich das nicht getan, wäre jenes nicht passiert". Da sind wir wieder bei den monokausalen Zusammenhängen. Klappt nicht. Dazu ist das Leben zu komplex.
Was ich aber sicher glaube ist, dass kein Mensch, der an einer ernsthaften Krankheit leidet - egal, welche das ist - Vorwürfe oder Vorhaltungen braucht, dass er sich das Ganze selbst zuzuschreiben hat. In dieser Situation braucht man Hilfe, braucht man Freunde, braucht man Leute, die einfach nur da sind, ohne gute Tipps und ohne Wenn und Aber - einfach nur so. Und man braucht eine möglichst gute ärztliche Versorgung. Weil das Leben schön ist und jeder das Recht hat, es so lange wie möglich zu haben und zu genießen.

So, mein Wort zum Sonntag.

Freitag, 3. Januar 2014

BERGFEST

3. Chemo durch, Hälfte überstanden.
Das Paar Socken, dass seit nem dreiviertel Jahr unvollendet ist fertig gestrickt. Am Dreieckstuch weitergestrickt, Kaffee getrunken mit ner netten Chemo-Kollegin danach noch ein paar Altlasten von 2013 erledigt und DANN die Sofa-Nordwand bestiegen.
Bis jetzt ist alles gut. Die anfänglich angeschwollenen Finger (ich habe mir schon überlegt, meine heißgeliebten Eheringe ab jetzt um den Hals zu tragen) sind wieder abgeschwollen.
Ich hab ja beschlossen, dass ich das weiterhin ohne gravierende Nebenwirkungen mache. Bis jetzt funktioniert der Plan.
So mehr philosophische (oder literarische) Ergüsse sind heute nicht von mir zu erwarten. Chemohirn lässt grüßen (ich hatte schon befürchtet, nach der Still-Demenz jetzt tatsächlich selbst für meine Vergesslichkeit und Verplantheit gerade stehen zu müssen - aber jetzt habe ich DIE Ausrede für den Rest meines langen Lebens: Call me Chemo-Brain!!!)