Montag, 7. April 2014

Mut oder so

Ich in meiner gnadenlosen Verplantheit war am Freitag spät dran für den Kindergarten und musste vorher noch schnell beim Arzt meine andauernde Erkrankung feststellen lassen. Ich bin also so wie ich war aus dem Haus - und da ich zu Hause immer oben ohne bin, eben ohne Tuch/Perücke/Mütze. Das wäre kein Problem gewesen - ich hab in meinem Auto immer eine Notfall-Kopfbedeckung. Blöderweise war ich mit dem Auto meines Mannes unterwegs. Da liegt keine...
Für mich persönlich ist Glatze ja kein Problem, ich gehe mittlerweile überall so hin. Nur im Kindergarten hatte ich bislang immer was auf. Wegen der anderen Kinder und zum Schutz der anderen Mamas vor Fragen, die ihnen vielleicht unangenehm sein könnten.
Meine Kinder sind mich ja ohne gewöhnt und die Freunde meiner Kinder, die schon hier waren kennen es auch - aber der Rest eben nicht.
Wohlgemerkt: Ich hatte keine Angst, zarte Kinderseelen zu zerstören, ich hatte eher Bedenken, die Eltern in Erklärungsnöte zu bringen.
Egal - am Freitag war einfach nichts da, das die Blöße hätte bedecken können...
Heute hat mich die Kindergärtnerin drauf angesprochen, dass ihr Mann und sie das so mutig gefunden hätten.
Diese Rückmeldung bekomme ich öfter.
"Ich würde mich das nicht trauen" oder "boa, bist Du mutig".
Das hat mich veranlasst, mal darüber nachzudenken, was Mut eigentlich ist. Und was macht man zum Nachdenken heutzutage? Richtig, man gibt das Schlagwort mal bei google ein...

Als erstes kommt da (wie fast immer) der Wikipedia-Eintrag zu Mut. Ganz gut, dachte ich (diesmal selber) - eine Definition des Wortes.

Mut, auch Wagemut oder Beherztheit, bedeutet, dass man sich traut und fähig ist, etwas zu wagen, das heißt, sich in eine gefahrenhaltige, mit Unsicherheiten verbundene Situation zu begeben.
Diese kann eine aktive Herausforderung darstellen wie der Sprung von einem Fünfmeterturm ins Wasser oder die Bereitschaft zu einer schwierigen beruflichen Prüfung. Sie kann aber auch in der Verweigerung einer unzumutbaren oder schändlichen Tat bestehen wie einer Ablehnung des Drogenkonsums oder einer Sachbeschädigung unter dem Gruppenzwang einer Mutprobe."
So weit Wikipedia.

Die zweite Seite ist Zitate.net. Die Seite mag ich wirklich gerne, wenn ich für eine Karte einen guten Spruch brauche. Irgendwer hat schließlich immer was Schlaues gesagt. Auch zum Thema Mut, wie man unschwer erkennen kann. Immerhin 55 Zitate gibt es auf dieser Seite zum Stichwort "Mut". Zu "Angst" gibt es im Übrigen kein Einziges, zu "Ängste" ebenfalls 55. Mein Lieblingszitat unter den ersten fünf, die mir diesmal angezeigt wurden ist von Kant, der da sagte: "Habe Mut, dich deines Verstandes zu bedienen.". Ich stimme nicht immer mit ihm überein - aber diesmal gebe ich ihm Recht.

In der Bildersuche kommen auch tolle Sachen. Wobei ich ehrlich gestehen muss, dass viele davon für mich nichts mit Mut zu tun haben. Am meisten angesprochen hat mich ein Bild von Oliver Kuka. Drauf zu sehen sind lauter rote Gummibärchen und mitten drinnen ein einzelnes grünes.

Und dann kommen einige Seiten von Firmen von denen ich bisher noch nichts gehört habe (wobei - Markt und Technik sagt mir sogar was...)

Insgesamt hilft also google gar nicht so wirklich weiter...

Nehmen wir nochmal die Definition von Wikipedia. Da steht, mutig sein bedeutet, "sich in eine gefahrenhaltige, mit Unsicherheit verbundene Situation zu begeben." Nach dieser Definition bin ich nicht mutig.
Mit Chemo-Glatze zu laufen ist keine gefahrenhaltige Situation. Wäre es vielleicht, wenn ich die Chemoglatze mit Rockermontur und Springerstiefeln paaren und damit durch eine Ultra-Linke Demo laufen würde. Das mache ich aber gar nicht. Ich gehe so ja nur in unserem kleinen, beschaulichen Ort umher. Das macht mich auch nicht unsicher. Ich weiß ja, wo ich hinmuss...
Klar besteht immer eine gewisse Unsicherheit ob der Reaktionen der anderen. (Was denken wohl die ganzen roten Gummibärchen über das grüne? Wird es eines drauf ansprechen?)
Aber wenn wir ehrlich sind: Ich bin mir fast sicher, dass mich keiner drauf ansprechen würde, dass er es inakzeptabel findet, dass ich mit Glatze in den Kindergarten gehe. Selbst wenn es so wäre - wobei ich nicht glaube, dass es jemandem so geht.
Und selbst wenn: Mir gegenüber darf jeder seine Meinung äußern, solange er es halbwegs höflich tut.
Was das "was wohl die anderen denken?" angeht - das ist mir in den meisten Fällen ziemlich egal. Und wenn nicht, frage ich nach. Das lernt man spätestens beim ersten Trotzanfall eines Kindes im vollgefüllten Einkaufsladen. Da hat man zwei Möglichkeiten: Entweder mit Schamesröte im Gesicht den Laden verlassen oder hocherhobenen Hauptes den anderen in die Augen sehen - und feststellen, dass die meisten sich ein Lächeln verkneifen müssen oder völlig erleichtert sind, dass die eigenen Kinder a) nicht dabei oder b) diesem Alter bereits entwachsen sind.
Wie ihr unschwer erraten könnt, liegt mir die Version mit der Schamesröte nicht...

Also kurz und gut: Ich sehe mich selbst nicht als mutig, weil keinerlei Gefahr besteht und auch nur sehr wenige unangenehme Konsequenzen vorstellbar sind.

Für mich persönlich war Mut immer, seine eigene Angst zu überwinden. Nach dieser Definition war ich mutig, als ich zum ersten Mal in der Öffentlichkeit (damals zum Steakessen im Azsteakas in Augsburg) ohne Kopfbedeckung aufgetreten bin. Da ich da aber keinerlei negativen Rückmeldungen bekommen habe, hatte ich später keine Angst mehr - musste also auch keine mehr überwinden, ergo: Kein Mut...

Nichtsdestotrotz kenne ich Menschen, die nicht ohne Perücke oder Mütze oder Tuch aus dem Haus gehen. Für sie mag sich das Ganze also anders darstellen.
Gut, ich kenne auch Menschen, die nicht ungeschminkt aus dem Haus gehen, während ich ja höchstselten geschminkt das selbige verlasse... Wenn das analog betrachtet wird, bin ich quasi fast jeden Tag meines Lebens mutig...

Trotz einer ellenlangen Abhandlung bin ich also nun einer Antwort auf die Frage, ob es nun mutig ist oder nicht, nicht näher gekommen.
Wahrscheinlich liegt es im Auge des Betrachters.
Für mich ist es auf jeden Fall nicht mutig.
Mutig sind Leute, die sich Dinge trauen, die ich gerne tun würde. Einfach so auf ein Pferd steigen etwa.
Oder Menschen, die Dinge tun, die in der jeweiligen Situation erforderlich sind. Jemanden aus einem Fluss retten, bei einem Unfall helfen, als Feuerwehrmann in ein brennendes Haus gehen oder sich schützend vor einen anderen stellen, der bedroht wird. DAS ist wirklich mutig und ich bin sehr froh, dass es auch heute noch wirklich mutige Menschen gibt.

2 Kommentare:

  1. Mut ist immer ansichts Sache , mutig ist (für mich) wer sich nicht alltäglichen Aufgaben des Lebens stellt statt weg zu renn ,was ja manchmal einfacher wäre.
    Mir persönlich tut nur weh wenn mir Menschen sagen es sei mutig so zu leben , eigentlich traurig wäre doch der andre weg Ja Nein da drüber denken wir noch nach.....

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  2. gar nicht so einfach, die Sache mit dem Mut...
    Ich glaube langsam, dass es verschiedene Arten von Mut gibt und die eine Art (so der alltägliche Mut) für jeden was anderes ist (und sich die wenigsten Gedanken drüber machen, was es denn nun genau ist)

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